VÖLKERFÜHRUNG FÜR DEN MONAT SEPTEMBER

Monatsbetrachtung von Dr. Pia Aumeier

WIE WERDE ICH "DIE ALTE" LOS?

Bienen mit Ralleystreifen
Abb.1 Schicke Ralleystreifen... erhalten die Bienen ab August beim Besuch des Drüsigen Springkrauts.

Mit manchen seiner Völker steht wohl jeder Imker auf Kriegsfuss. Vielleicht verwandeln sie jede Begegnung zu einer Nahkampfsportart, weigerten sich hartnäckig den Honigraum zu betreten oder sassen zur Schwarmzeit ständig auf gepackten Koffern? Schuld daran ist wie immer ihre „Regierung“. Im August lassen sich solche Königinnen am einfachsten „entsorgen“: vor Beginn der Spätsommerpflege werden sie mitsamt ihren Bienen vor das Flugloch eines anderen Wirtschaftsvolkes geschlagen (siehe Monatsbetrachtung August).

Völkervereinigung
Abb.2 9 von 10 fremden Königinnen werden von den Wächterinnen getötet. Wer letzte Unsicherheiten ausschliessen möchte, sichert bei Völkervereinigungen das Flugloch mit einem Absperrgitter.
Brutnest einer alten Königin
Abb.3 In Völkern mit älteren Königinnen typisch für September: eine einsame stille Umweiselungszelle. Diese Bienen möchten ihre Königin ersetzen. Bei "Männermangel" kann das schiefgehen.

JUNGE VÖLKER - WENIG SORGEN

Doch nicht nur Makel im Verhalten ihrer Nachkommen bezahlen meine Königinnen mit dem Leben. Noch im Juli enthielt mein Völkerbestand drei Altersgruppen: in diesem Jahr im Mai gebildete Jungvölker (= Ableger) mit 0-jährigen Königinnen, sowie Altvölker (= Wirtschaftsvölker) mit 1-jährigen oder mit 2-jährigen Königinnen. Eingefüttert werden nur noch zwei Altersgruppen. Beim Einengen im August löse ich Altvölker mit den 2-jährigen Königinnen konsequent auf und verstärke mit ihnen die Völker 1-jähriger Königinnen. Meine Völkerbilanz stimmt trotzdem, denn aus jedem Altvolk habe ich ja mindestens 2 Ableger gebildet (siehe Monatsbetrachtung Mai), die aufgelöste Wirtschaftsvölker in der nächsten Saison ersetzen. Angenehme Nebeneffekte dieser Völkerverjüngung:

  • kein Königinnensuchen, denn das fremde Staatsoberhaupt wird in der Regel am Flugloch abgestochen (wer ganz auf Nummer Sicher gehen will, befestigt ein Absperrgitter vor dem Flugloch, Abb.2).
  • keine weisellosen Völker im Frühjahr. Sie entstehen meist bei erfolglosen Versuchen still umzuweiseln (Abb.3).
  • starke Altvölker. Wer stark einwintert, wintert in der Regel auch stark aus.

Mit Abstand die besten Völker im neuen Jahr bilden jedoch stets meine Ableger. Im Mai als weiselloser 1-Waben-Brutableger oder mit nur 1’000 Bienen und einer unbegatteten Königin gebildet, sind diese winzigen Völkchen im Jahr ihrer Entstehung für Unerfahrene monatelang Sorgenkinder. Anfang August füllen sie gerade eine halbe Zarge, doch in ihr erstes Wirtschaftsjahr starten sie mit unglaublicher Vitalität. Wichtigste Voraussetzung dafür: Ableger in ihrer Entwicklung nicht stören! Anders als die Altvölker legen sie ab der Sommersonnenwende erst richtig los (Abb.4). Im August erreichen sie ihr Brutmaximum, drei Wochen später ist die grösste Anzahl Bienen vorhanden. Altvölker enthalten zu dieser Zeit bereits nur noch die Hälfte ihrer Bienen und etwa ein Fünftel ihrer sommerlichen Brutstärke. Dies liegt nicht unbedingt an ihrer älteren Königin. Mitteleuropäische Bienenvölker streben eine Winterstärke von etwa 10’000 Tieren an. Sie scheinen im Juli „durchzuzählen“, Ableger legen sich ab diesem Termin ins Zeug, Altvölker auf die faule Haut.

Futterwaben werden nicht überstiegen
Abb.5 So nicht! Neu auszubauende Mittelwände sollten stets einzeln ins Brutnest geschoben werden. Über die äussere mit Futter gefüllte Wabe steigt das Volk ungern.

SPÄTSOMMERFAHRPLAN FÜR JUNGVÖLKER

Populationsentwicklung
Abb.4

Die Populations-Eentwicklung von Wirtschaftsvölkern und im aktuellen Jahr gebildeten Ablegern zeigt völlig unterschiedliche Verläufe. Ab der Sommersonnenwende bauen erstere ab, Jungvölker legen richtig los. Die Spätsommerpflege mit Varroa-Behandlung und Winter-Einfütterung sollte entsprechend terminiert werden.

STATION 2 - WINTER-TÜV FÜR STARKE VÖLKER UND FRISCHES WABENWERK

Bis Anfang September werden meine Ableger möglichst nur im Abstand von 1-2 Wochen zu Futterkontrollen und dem Einschieben von Mittelwänden ins Brutnest behelligt (Abb.5). Mit Varroa-Behandlung und Vereinigung störe ich erst im September.

  • Ende Juli/Anfang August: um vor unliebsamen Überraschungen sicher zu sein, auch bei Jungvölkern Gemülldiagnose durchführen. Fallen mehr als 5 Milben pro Tag, eine Kurzzeit-Ameisensäurebehandlung durchführen. Sie ist jedoch nie notwendig (nach aktuellen Diagnosen auch nicht in 2010) wenn die Ableger bei ihrer Entstehung in der brutfreien Phase effektiv mit Milchsäure entmilbt wurden. Und das ist gut so, denn wer jetzt Ameisensäure oder Thymol in den einzargigen Ablegern anwenden muss, der schädigt die bis an die Rähmchenoberträger reichende Brut (Abb.6). Da hilft auch kein Hoch-Bocken oder Kühlen der Ameisensäure.
Brutnest im August
Abb.6 Die im Mai absichtlich aus wenig Material gebildeten Ableger erreichen ihr Brutmaximum erst Ende August. Um ihre Entwicklung nicht zu stören, wird die Varroa-Behandlung dieser Jungvölker erst im September durchgeführt.
  • Erste Septemberhälfte: Jetzt entstehen die ersten Winterbienen. Gemülldiagnose durchführen, bei mehr als 5 natürlicherweise gefallenen Varroa-Milben pro Tag führe ich in den ersten Septembertagen eine Kurzzeitbehandlung mit Ameisensäure durch (Abb.7). Wo nur etwa eine Milbe pro Tag fällt, führe ich zunächst die Winterauffütterung durch: etwa 95% meine Ableger werden einzargig überwintert. Das erleichtert die AS-Behandlung, erschwert jedoch die Einfütterung. Um das Brutnest nicht zu schnell einzuengen, gebe ich je die Hälfte des noch fehlenden Futtervorrates im Abstand von zwei Wochen. Je nach Standort sollten die Ableger mit insgesamt folgenden Futtermengen versorgt sein: 10 kg Reinzucker entspricht 14 kg bzw. 10 Liter Apiinvert oder Maisstärkesirup, ergibt ca. 6 gefüllte Zanderwaben, an warmen Standorten wie NRW ODER 15 kg Reinzucker = 21 kg = 15 Liter Apiinvert oder Maisstärkesirup, ergibt ca. 9 gefüllte Zanderwaben im kühleren Süden und Norden Deutschlands. Die Fütterung erfolgt in einer aufgesetzten Leerzarge wie 3 Wochen zuvor bei den Altvölkern.
  • Im September nach der Auffütterung: jetzt ist die noch vorhandene Brut durch einen dicken Futterkranz vor aufgelegten Behandlungsmitteln geschützt. Sicherheitshalber bereits ab einem natürlichen Milbenfall von 1 pro Tag eine Ameisensäurebehandlung durchführen, um die Winterbienenbrut zu schützen. Nur Ameisensäure tötet effizient auch die Milben IN den Brutzellen! Bei herbstlich-kühler Witterung auf geeigneten Behandlungstermin achten (am besten mindestens 20°C)! Der Einsatz von Thymolpräparaten bietet hingegen keinen Vorteil, denn auch sie sind temperaturabhängig und brutschädigend, wirken darüberhinaus nicht in die Brut und ihre Anwendung dauert Wochen.
  • Anfang Oktober: Jetzt haben auch die Jungvölker ihre Einwinterungsstärke erreicht, ich habe ihr Entwicklungspotential voll genutzt. Ableger, die bei 20°C nicht in allen Wabengassen sitzen oder beim ersten Frost nicht mindestens 5 Wabengassen füllen, bereiten mir Sorgen unterm Weihnachtsbaum. Sie werden durch einfaches Aufeinandersetzen (sie sind ja einzargig) ohne Zeitungspapier vereinigt. Die Königinnenwahl überlasse ich den Bienen. Alternativ kann ich auch eine der Königinnen suchen. Sie ersetzt ein älteres Staatsoberhaupt in einem Altvolk. Habe ich Zeit und Lust, suche ich dazu die alte Königin heraus und töte sie. Die Junge verbringt einen Tag im verschlossenen Iltis im Altvolk, danach gebe ich den Futterteigverschluss. Bin ich faul, setze ich die Jungkönigin im Iltis geschützt in ihr Volk (Abb.8) und fege das Altvolk mitsamt Königin einfach davor (Abb.9). Eventuelle Brut und Futterwaben des Altvolkes werden bienenfrei dem Jungvolk aufgesetzt.
Wildbau
Abb.7 So nicht! Wer gleichzeitig füttert UND behandelt, muss sich nicht wundern wenn die Ameisensäure nutzlos im Futter "verpufft". Zudem wurde hier die Folie unter dem Futterbehälter vergessen, sodass er angebaut und mit Wildbau verziert wurde.
Königin schützen
Abb.8 Einfach Königinnen austauschen: die Königin eines Jungvolkes wird im Iltis für einen Tag geschützt und...

WO IST BLOSS MEINE "ALTE"?

Drohnenmütterchen
Abb.10 Geht in einem Volk die Be- oder Umweiselung schief, entstehen nach 3 oder 4 Wochen eierlegende Drohnenmütterchen. Sie sind aggressiv gegenüber jeder Königin. Solche Völker werden aufgelöst.

Alte Königinnen und zu neugierige Jungimker führen manches Mal zu weisellosen Völkern. Im September/Oktober kann meist keine neue Königin mehr beschafft werden, nur noch wenig Brut ist vorhanden, die Männer sind „aus“. Dafür sind die Völker um diese Jahreszeit jedoch viel eher bereit, eine fremde Königin zu akzeptieren. Jungvölker, die im September/Oktober weder Stifte noch sonstige Brut aufweisen, werden vor einer eventuellen Vereinigung oder Einwinterung genau untersucht. In buckelbrütigen Völkern (Abb.10) haben meist Arbeiterinnen die Königinnenrolle übernommen und legen Drohneneier in Arbeiterinnenzellen. Solche Bienen werden einige Dutzend Meter von den Völkern entfernt bei gutem Flugwetter vollständig ins Gras abgeschlagen, ihr Wabenwerk eingeschmolzen. Nur normalen Arbeiterinnen gelingt die Rückkehr und das Einbetteln in die Nachbarvölker. Einzelne hervorstehende Zellen im sonst makellosen Brutnest sind jedoch kein Grund zur Beunruhigung (Abb.11).

Einzelne Drohnen
Abb.11 Wenige "verlorene" Drohneneier sind bei jungen Königinnen kein Grund zur Sorge. Sie üben noch!

ACHTUNG RAUBRITTER

Räuberinnen
Abb.12 Zwei "erfolgreiche" Sammlerinnen. Links auf Räuberei spezialisierte Biene ohne Haarkleid.

Lädierte Flügel, haarlos, schwarz und im aufgeregten Zickzack-Schwirrflug unterwegs, wer einmal räubernde Bienen erlebt hat, erkennt sie immer wieder (Abb.12). Im September bei ansonsten versiegter Tracht entwickeln die Honigbienen auf Jagd nach Wintervorrat eine unschöne Sammelleidenschaft. Zunächst sind es nur einzelne Bienen, die die Stärke ihrer Nachbarvölker prüfen. Schwächere Ableger, späte Schwärme oder kranke Völker (hoher Varroa-Befall) werden schnell als „leichte Beute“ ausgemacht. Die ersten Spione berichten im Heimatstock über das gefundene Fressen, innerhalb kürzester Zeit ist am Bienenstand die Hölle los (Abb.13).

Räuberei
Abb.13 Im August und September entsteht schon nach wenigen Minuten heftige Räuberei an offenen Waben. Material daher immer gut verschlossen halten und zügig arbeiten.

Überfallene Völker können durch nachträgliche Fluglochverengung meist nicht mehr gerettet werden, zu gross ist das Durcheinander im Volk, Wächter können eigene Stockgenossinnen nicht mehr von Räubern unterscheiden, der Stecherei fallen Königin und viele Arbeiterinnen zum Opfer. Leider machen Bienen unter 100 m Entfernung keine genauen Richtungsangaben zur Trachtquelle, deshalb sind nach dem Weg stellen des überfallenen Volkes alle nebenstehenden, ebenso leicht zu überwältigenden Ableger gefährdet. Mit einer leeren Beute anstelle des beräuberten Volkes oder einem schräg vor das Flugloch gestellten Brett (Abb.14) gelingt es manchmal die Räuberei etwas einzudämmen. Vorbeugung ist jedoch deutlich effektiver: die Völker im September zügig bearbeiten, möglichst gleichzeitig und abends ohne Kleckern füttern, bei Ablegern dauerhaft Fluglöcher klein halten und…. Auto mit Futter nichtoffen stehen lassen (Abb.15)! Letztlich gilt: Schuld ist immer der Imker!

Flugloch verstellen
Abb.14 Manchmal hilfreich - Verwirrung der räubernden Bienen durch Verbauung des Flugloches.
Bienen im Auto
Abb.15 Meist ist der/die gedankenlose Imker/in verantwortlich für heftige Räuberei. Hier blieb versehentlich ein Autofenster offen.

 

Checkliste - DAS können Sie sich im September schenken!

 

Aufwändige Kunstschwarmbildung in letzter Minute um kranke Völker zu sanieren. Im Mai mit minimalem Einsatz von Bienen und Brutzellen gebildete Ableger machen wesentlich weniger Arbeit. „Kontinuierlichen Futterstrom“ in Jungvölkern unterhalten, um sie „am Brüten zu halten“. Kontraproduktiv, da bei Überfütterung Räubereigefahr und Platzmangel für Brutzellen.Fütterung von unten. Ausschlecken lassen von Honigresten in einzuschmelzenden Waben. Sind die Räuber einmal alarmiert, sind sie beständig auf der Pirsch. Ein Trugschluss ist auch, dass gut gefütterte Völker das Räubern einstellen.Angst vor zuviel oder zuwenig Trachtnutzung im Herbst. Bienen wissen wie viel Arbeit sie sich zumuten können.Erweitern der Jungvölker mit altem Wabenwerk. Krankheitsherd! Haben sie die Wahl, stiften Königinnen zwar lieber in bereits bebrüteten Zellen, die Volksentwicklung ist auf hellen Waben jedoch letztlich identisch.Alten Königinnen „nachweinen“. Was nutzt ein gutes Volk, das im Winter still umweiselt? Gebt der Jugend eine Chance!Routinemässige Verjüngung des Völkerbestandes durch Vereinigung von je einem Alt- mit einem Jungvolk. Junge Rennpferde brauchen keinen Droschkengaul zur Verstärkung!Vereinigung von Völkern über Zeitungspapier (mit Löchern, mit Honig). Unnötig. Können Ihre Bienen lesen?„Parken“ von Reserveköniginnen in Mini-Ablegerkästchen. Unerhörter Arbeitsaufwand bei Ver- und Entsorgung. Königinnen, die ihre volle Legeleistung erreichen können, duften besser.„In-Alkohol-„ oder „in-Honig-tunken“ der fremden Königin, Einstreuen von Kaffee o.ä. um Annahmequote zu steigern. Aufgeregte Königinnen werden eher abgestochen.Die Altköniginnen im Iltis ertränken, weit entfernt vom Bienenstand „aussetzen“ oder vergraben, um ihre Duftstoffe für die Bienen unauffindbar zu machen. Wer kommt bloss auf solche Ideen? Humaner: zwischen den Fingern zerdrücken oder einfrieren.Schuldzuweisungen an Nachbarn wenn Milben auf den eigenen Bienen rumspringen. Auch die NICHT „hausgemachten“ Milben werden mit Gemülldiagnosen rechtzeitig erkannt.